Aufsichtsräte, ihre Verantwortung, ihre Qualifikation, ist ein dankbares Thema. Nicht zuletzt lohnt es, weil dazu kaum Faktenwissen im Umlauf ist. Es ist es ein fruchtbares Thema, insofern, als von der Bestellung effektiver oder uneffektiver Aufsichtsräte Wohl und Wehe von Unternehmen und Arbeitnehmern abhängt. Es lohnt der Blick auf die gängige Aufsichtsrats-Besetzungspraxis, mit der Gesellschafter und Aktionäre sich und ihren Unternehmen wenig Gefallen tun: Nämlich als Aufsichtsräte und kontrollierende Beiräte vermeintlich „pflegeleichte“ Honoratioren, Familienmitglieder, Freunde oder Weggefährten zu bestellen.
Ganz anders geht die Deutschen Börse in Eschborn/Frankfurt vor. Sie lässt Personen auf neu zu besetzende Aufsichtsratsmandate bundesdeutscher Unternehmen gezielt vorbereiten. Aufsichtsräte sind in einer fünfstelligen Zahl bundesdeutscher Unternehmen neu zu besetzen, nicht nur in börsengehandelten Aktiengesellschaften. Darüber ist sich die Deutsche Börse im Klaren. Sie nahm am 2. Juni 2014 erneut eine zertifizierte Prüfung ab, nämlich den „Fachaufsichtsrat für den Prüfungsausschuss“ und den „qualifizierten Aufsichtsrat“. Dazu folgende Erläuterung, da die Begriffe erklärungsbedürftig sind:
„Qualifizierter Aufsichtsrat“ heißt die Basisausbildung. Die abschließende Prüfung wird seit März 2012, also seit etwas mehr als zwei Jahren abgenommen. In einem schnelllebigen Umfeld gilt sie drei Jahre, wenn sie nicht kontinuierlich aufgefrischt wird. In der Bundesrepublik haben sich in den letzten Jahren bereits knapp über 40 „qualifizierte Aufsichtsräte“ prüfen lassen. Sie bieten nun Ihre Dienste außerhalb von Seilschaften und Gefälligkeiten an. Sie sind Beweis für ernst zu nehmende Schritte, verlorengegangenes Vertrauen in den Kapitalmarkt insbesondere von Privatinvestoren zurück zu gewinnen.
„Fachaufsichtsrat für den Prüfungsausschuss“ heißt nun die neue Aufbauausbildung und -prüfung. Sie setzt eine bestandene Prüfung in der – oben genannten – Basisqualifikation Aufsichtsrat voraus – oder fünfjährige Organfunktion in einem Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern. Bundesweit bestanden am 2. Juni die ersten drei dieser neuen Fachaufsichtsräte. Der Gesetzgeber hat besser ausgebildete Aufsichtsräte mit den Paragraphen 100 und 107 des Aktiengesetzes (AktG) sowie mit dem Passus 5.3.2 Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) für notwendig erklärt. Er will insbesondere börsengehandelte Aktiengesellschaften sicherer machen und Anleger vor Betrug und Kapitalverlust schützen.
Mit § 100 AktG muss in börsennotierten Kapitalgesellschaften zwingend ein „unabhängiges Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen“. Diese Bedingung gilt umso mehr, wenn der Aufsichtsrat einen Prüfungsausschuss einrichtet, so § 107 AktG. – Der Deutsche Corporate Governance Kodex – quasi Gesetz – empfiehlt noch weitergehend in 5.3.2 DCGK: „Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses soll über besondere Kenntnisse … in … Rechnungslegungsgrundsätzen und internen Kontrollverfahren verfügen. Er sollte unabhängig sein und kein ehemaliges Vorstandsmitglied der Gesellschaft sein …vor weniger als zwei Jahren“! Ohne Zweifel sind dies alles Neuerungen, die auch nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften gute Dienste erweisen – im Sinne von Vertrauen schaffen!